Es gibt Spiele, nach denen schreibt man gerne einen Bericht. Weil man eine tolle Fahrt mit guten Freunden dorthin hatte, die Partie äußerst ansehnlich war oder man einfach nur glücklich drei Punkte geholt hat. Im besten Fall natürlich aus allen Gründen gemeinsam. Dann gibt es Spiele, nach denen fällt das Bericht schreiben nicht so leicht… Zu einem solchen gehört das Folgende.
Noch einmal schlafen.
Nachdem sicherlich gut Dreiviertel der Fußballwelt uns im Halbfinale schon abgeschrieben hatte, war die Chance auf etwas ganz ganz Großes zum Greifen nah. Unser Ballspielverein hatte noch einen Koffer in Berlin und damit die unglaubliche Möglichkeit aus einer verkorksten Saison noch das maximal Machbare herauszuholen. Von Platz 18 in die Euro League, die Blauen in die Quali schubsen, in guter alter Tradition gegen die Bauern im Supercup gewinnen und uns Fans mit einem guten Gefühl in die Sommerpause entlassen.
So ein Pokalfinale muss natürlich standesgemäß zelebriert werden und so starteten wir, wie viele tausend BVB-Anhänger auch, bereits am Freitag in die Feierlichkeiten. Durch viele kleine und größere Aktionen, die sich allerdings nicht groß vom vergangenen Jahr unterschieden, hatte der BVB es durchaus mal wieder geschafft ein Stück Dortmunder Heimat in die Hauptstadt zu bringen. Wenn wir schwarzgelben Anhänger etwas können, dann Heimspielatmosphäre wo auch immer in der Welt schaffen! Ganz Berlin in unseren so geliebten Vereinsfarben, überall traf man Gleichgesinnte. Allein dafür hatte sich der Einzug ins Finale gelohnt. So genoss der Ein oder Andere von uns die sommerliche Endspielluft auf dem Breitscheidplatz, dem in diesem Jahr hart umkämpften traditionellen Epizentrum, bei einem kühlen Pils und schwelgte in alten Erinnerungen und zukünftigen Hoffnungen.
Wie hatten wir uns auf diesen Tag gefreut!
Aufgeregt, wie ein kleines Kind am Heiligabend, ging es herausgeputzt im Glückstrikot (mit Glückssocken, Glücksschuhen…) Richtung Hauptbahnhof, unserem Starttreffpunkt für diesen grandiosen Tag. Angesichts der Tatsache, dass die Golfsburger Anhänger dort ihr „Fanfest“ abhielten, wie wir feststellen mussten, ein nicht ganz glücklich gewählter Treffpunkt ;-). Nachdem alle Preußen-Delegierten versammelt waren und es aufgrund zweier aus VW-Stadt eingetroffener Sonderzüge etwas ungemütlich wurde, siedelten wir geschlossen zur Gedächtniskirche um. Hier teilten wir uns am frühen Nachmittag optimistisch in die Public Viewer Richtung Tempelhof und die Stadiongänger Richtung LivePokalInDenHimmelStrecken…
Ja, genau das war meine innerste Überzeugung. Ich war mir selten vor einer wichtigen Partie so sicher, dass wir sie für uns entscheiden würden. Warum? Nun, in allererster Linie weil ich an den unbändigen Siegeswillen unserer Jungs geglaubt habe. Ich habe geglaubt, dass sie 90, notfalls 120 Minuten plus Elfmeterschießen, jede Muskelfaser, jedes Sauerstoffmolekül, jeden Blutstropfen ihres Millionenkörpers für einen Sieg geben würden. Für den Pokal, für Kehli, für Kloppo, für uns Fans.
Im Block angekommen waren wir einmal mehr erstaunt, wer so alles Tickets für dieses Spiel bekommen hat. An dieser Stelle darf man uns bitte nicht falsch verstehen. Es geht hier in keinster Weise um die klassische Besser-Fan-Diskussion, aber es waren definitiv Massen darunter, die noch nie ein Stadion von innen gesehen haben. Geschweige denn jemals in einen Fangesang eingestimmt haben! Traurig für alle, die so Einiges gegeben hätten um dabei zu sein.
Aber auch das wurde in völliger Euphorie zunächst beiseite geschoben, denn endlich war es soweit. Anpfiff! Und ab jetzt wurde es kompliziert. Der Höhepunkt des Spiel war aus Dortmunder Sicht mit Batmans frühem Führungstreffer nach fünf Minuten erreicht, welcher einigen von uns eine gern in Kauf genommene Bierdusche verschaffte. Was im Anschluss daran von Mannschaft, wie teilweise auch uns Fans geboten wurde glich einem Albtraum. Nachdem uns Robin in der 18. Minute verpasste den Sack zuzumachen, verlor man offensichtlich die Lust am Spiel, verabschiedete sich vorzeitig in den Urlaub und ließ sich gnadenlos, verdient von den Wölfen demontieren. Nichts war im Dortmunder Ballspiel zu erkennen. Keine Leidenschaft, kein Biss, kein Kampf, kein Willen! Und unsereins im Block? Auch keinen Deut besser. Kein Vorantreiben, kein Vorwärtspeitschen, kein zum Sieg brüllen! Völlige Schockstarre zum Ende der ersten Halbzeit, die sich den Rest des Wochenendes auch nicht mehr auflösen sollte. Den Rest kann man kurz und dennoch nicht schmerzlos abhandeln. Abpfiff. Wölfe freuten sich wie ein Rudel junger Hunde. BVB-Anhänger blieben artig während der Siegerehrung auf ihren Plätzen, schließlich sind wir keine Bauern. Danach rasches Verstreuen zum Wunden lecken in alle Himmelsrichtungen.
Das dritte Jahr in Folge mussten wir also als Erste das Podest erklimmen, um die Medaillen für die Zweiten entgegen zu nehmen. Beim Anblick von Marco Reus, wie er sich das Ding brav umhängen lässt, um es sich danach hektisch wie eine glühende Kohle wieder abzureißen, bekommt man fasst körperliche Schmerzen. Tränen fließen (bei mir, ich bezichtige niemanden sonst ;-)), als Kehli im Vorbeigehen den Pokal streichelt und Kloppo ein letztes Mal andächtig zum Marathontor blickt, bevor er in den Katakomben verschwindet. Enttäuschung ist, was nach dieser Niederlage bleibt. Enttäuschung vor allem über die Darbietung der Mannschaft und über die bei uns Fans offensichtlich zur Gewohnheit gewordene Finalteilnahme.
Wenn ich mir für die kommende Saison etwas wünschen dürfte, dann wäre es eine Saison ohne Finalteilnahme. Würde uns allen vielleicht mal ganz gut tun. Die 09. Deutsche Meisterschaft wäre schließlich auch genug! 😉
Mach’s gut Kehli, mach’s gut Kloppo. Danke für alles. Ich hätte Euch von Herzen einen schöneren Abschied gegönnt.
Uns allen einen schönen, erholsamen Sommer!