Gegen 9:00 Uhr machten sich am Dienstagmorgen 6 Preußen zur „mission impossible“ auf gen Freistaat, um die Pokalauswärtsspieltradition der aktuellen Spielzeit weiter fortzuführen. Einmal mehr konnten wir uns auf die Autovermietung unseres Vertrauens verlassen und fuhren bequem, optisch leicht fragwürdig, Richtung Autobahn. Erster Stopp nach 15min – Bier holen. Im Anschluss lief bis auf kurze Staus alles planmäßig, bis wir kurz hinter Leipzig einen Leistungsverlust am Fahrzeug feststellen mussten. Das windschnittige Fordfahrzeug fuhr nicht mehr schneller als 110 km/h und war bei leichten Steigungen nicht weit davon entfernt rückwärts zu rollen. Nein, es lag nicht am Fahrer!!!
Wir bekamen umgehend die Information, dass wir in Nürnberg den Mietwagen tauschen könnten und somit keine weiteren Probleme auftreten sollten. Die Flexibilität war super, aber auch irgendwo selbstverständlich, schließlich haben wir auch für die Karre bezahlt. In Nürnberg angekommen, stellten wir fest, dass es schönere Städte gibt und überhaupt braucht den Glubb eh kein Mensch, also schnell wieder weg hier. Weiter ging es in dem großzügigen Opel mit Wiener kennzeichnen. Wir Ösis also nur noch n paar Kilometer vor München.
Die restliche Fahrt verlief stimmungstechnisch einwandfrei und so kamen wir wohl behalten in Fröttmaning an. Das Auto ins Parkhaus gestellt und ab ging es, gefühlt mit der Reichsbahn Richtung Münchner Innenstadt. Erstaunlich wie alt und klapprig die eingesetzten Züge sind. Lag das am Spieltag oder ist das in München normal? Egal, die Bahnen waren in freundlichem hellblau-weiß gestaltet – man sah also auch hier direkt wer in der bayrischen Landeshauptstadt das Sagen hat! 57, 58, 59, SECHZIG, SECHZIG, ACHZEHNHUNDERTSECHZIG!
Der Hunger plagte uns, Jörg war schon fast vom Fleisch gefallen – bei Dominik wunderte man sich wie er fast verdurstet wirken konnte, hatte er doch gefühlt mit Pundti einen Kasten Jubipils allein weggezogen. Ausstieg „Münchner Freiheit“. Münchner Freiheit? Da gab´s doch einen Song….aaahh…*träller* „Ohne dich schlaf ich heut Nacht nicht ein“. Wer konnte zu diesem Zeitpunkt erahnen, dass uns das Einschlafen in der bevorstehenden Nacht tatsächlich so schwer fallen würde?
Alle Erfolgsfans der Bazis, die die Brez´n-Stube betraten, belächelten uns und gaben uns mit ihren arroganten Blicken zu verstehen, dass wir uns die Reise besser hätten sparen sollen. Wer zuletzt lacht… Bei Haxe und Hellem bereiteten wir uns auf die bevorstehende Mammutaufgabe vor und gaben unsere optimistischen Tipps ab. Es wurde Zeit sich Richtung Stadion aufzumachen. Einmal mehr mussten wir gemeinsam feststellen, dass wir so froh sind mit unserem geliebten Westfalenstadion und dem Umfeld Drumherum. In München ist es so erbärmlich, das Stadion von außen dreckig, kein Flair, keine Stimmung – NICHTS!
Alle in einem Block, Bock aufs Spiel, Optimismus! Beste Voraussetzungen, es konnte losgehen! Die lächerliche Choreo der Südkurve (ihres Zeichens „Herz und Seele“ des Knastpräsidentenclubs) entlockte uns ein herzhaftes Lachen. Irgendwas sitzt doch da ganz tief, dass sie nicht mal einen kreativen Jubel beim Derby unkommentiert hinnehmen können. Inhaltlich 6, optische Ausführung 4-, aber auch nur, weil die fette Narbe vom Glöckner so gut getroffen war, zudem hätte der rote Anzug von Robben deutlich enger sein müssen.
Erwartungsgemäß dominierten die Bauern das Spiel von Beginn an und gingen völlig zu Recht in Minute 30 in Führung. Bis zur 70. Minute muss man wohl leider von einer leidenschaftslosen Vorstellung unseres Ballspielvereins sprechen. Angsthasenfussball in schwarzgelb, dazu ein (wie immer – und ja, ich vermisse ihn!!!) genial aufgelegter Lewandowski und dieser Drecksack mit der Nr. 30 – bei Bayern über rechts kommend – lassen jeglichen Optimismus verfliegen! Der Lattentreffer des Polen und der im Anschluss eigentlich fällige Handelfmeter hatte doch unser Glück an diesem Abend vermeintlich schon aufgebraucht. Aber nur vermeintlich, denn es war uns vergönnt, zu erleben, wie Mr. Oberarroganttulpenzüchtenderschwalbenkönig, begleitet von frenetischem Jubel der Bayern-Anhänger, eingewechselt und ca. 15 Minuten später unter tosendem Applaus der Gästefans wieder ausgewechselt wurde. Stimmungstechnisch passte sich der prall gefüllte Auswärtsblock, nach guter erster Halbzeit, dem Spiel der Borussen auf dem Rasen an. Kloppo wechselte endlich und ab ging die wilde Fahrt. Der verdiente Ausgleich versetzte uns wortwörtlich in Ektase, waren wir doch nie davon ausgegangen hier etwas holen zu können. Auf einmal stand es unentschieden, alles war möglich – ALLES! Der BVB spielte fortan wie ein gieriger Jäger, nichts mehr von dem Angsthasen zu erkennen, stattdessen der pure Wille was zu reißen! Unser „Robin“ hatte sogar noch 2x die Gelegenheit das Spiel innerhalb der regulären Spielzeit zu entscheiden, scheiterte aber gegen den starken Neuer. Remis nach 90 Minuten! Verlängerung! VOLLGAS auf den Rängen. Etwas mehr als eine halbe Stunde Kampf stand auf dem Programm, der grandios aufgelegte Mitch Langerak hielt uns mehrfach im Spiel und vereitelte gegen in Überzahl spielende Bayern Chance um Chance. Wir waren stehend K.O. – nicht nur die Jungs auf dem Rasen, auch im Block knisterte es, Anspannung pur. Abpfiff! 11-Meter-Schießen!
8.000 Dortmunder skandierten mit erhobener Faust: LANGERAK!!! LANGERAK!!! LANGERAK!!!
Der Klassensprecher und Alonso (dessen Nationalfarben schon während des Spiels hätten Programm sein müssen) vergeben rechts oben, Ilkay und Kehli verwandeln souverän. Die Marionette scheitert an Mitchell, ehe auch Mats gegen Neuer verschießt. Dann kommt die große Stunde des blauen Manuel. Er tippelt wie auf Stöckelschuhen Richtung Spielgerät, schießt – Latte!!!!! WIR SIND WEITER!!!!!!!!! BERLIN, BERLIN WIR FAHREN NACH BERLIN!!!!!! Totalausrastung mit Freudentränen und Gruppenkuscheln war angesagt…was für ein Gefühl!
Mächtig stolz verließen wir das Münchner Stadion und machten uns auf die 600km lange Rückreise. Bemerkenswert war, dass es Fahrer Tilo gelang, tatsächlich die Strecke mit den letzten Tropfen Diesel im Auto zu bestreiten. Wir rollten um kurz vor 5:00 Uhr auf die Tankstelle und verabschiedeten uns im Anschluss glücklich und um einige Jahre gealtert in unsere Betten. An einschlafen war noch eine ganze Weile nicht zu denken. Was für ein Erlebnis!